
Das Kinderdörfel unter der Lupe
PÄDAGOGISCHE GRUNDSÄTZE
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Grundlagen unserer Arbeit
Bild vom Kind
Situationsansatz
Entwicklungs- und Bildungsprozesse begleiten
Partizipation - Beteiligung von Kindern
Freispiel
Sprache
Individuelle Unterschiede und soziokulturelle Vielfalt
Bewegung
Vorschulgruppe
Übergang zur Grundschule
Wie gehen wir mit Regeln um?
Morgenkreis
Ernährung
Medienpädagogik
Wir feiern Feste
Wie wird im Kinderdörfel mit Konflikten umgegangen?
1. GRUNDLAGEN UNSERER ARBEIT
Der Rahmen unserer Arbeit wird durch die gesetzlichen Grundlagen, den Trägerschaftsvertrag mit der Stadt Viernheim und unser pädagogisches Konzept gebildet. Nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG, §§ 22, 22a) soll unser Angebot
- "die Entwicklung der Kinder zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten fördern,
- die Erziehung und Bildung in der Familie unterstützen und ergänzen,
- den Eltern dabei helfen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können.
Der Förderungsauftrag umfasst Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes und bezieht sich auf die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes. […] Die Förderung soll sich am Alter und Entwicklungsstand, den […] Fähigkeiten, der Lebenssituation sowie den Interessen und Bedürfnissen des einzelnen Kindes orientieren und seine ethnische Herkunft berücksichtigen. […] Das Angebot soll sich pädagogisch und organisatorisch an den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Familien orientieren." In den Grundsätzen pädagogischer Arbeit in Tageseinrichtungen für Kinder in Hessen (Abs. 2) wird dies näher erläutert:
- "Erziehung [...] ist die bewusste, zielgerichtete pädagogische Hilfe der Fachkräfte, um Bildung und Kompetenzentwicklung zu unterstützen."
- "Bildung wird als [...] Selbstentfaltung und Kompetenzentwicklung in sozialer Verantwortung konzipiert und als lebenslanger Prozess verstanden. [...] Die Einrichtung stellt Zeit und Räumlichkeiten zur Verfügung, in denen Kinder Platz für eigene Gestaltungsideen haben und über aktives Tätigsein und Erleben Sinnzusammenhänge erfahren können."
- Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Veränderungen sind Formen der Betreuung am Bedarf der Kinder und ihrer Familien zu orientieren: Altersmischung im Kindergarten und den Familiengruppen, bedarfsgerechte Öffnungszeiten, die geeignete Befriedigung der körperlichen Grundbedürfnisse der Kinder sowie der Familien- und Gemeinwesenbezug unserer Einrichtung.
Die Haltungen der weltanschaulichen Offenheit, Überparteilichkeit und Inklusion leiten uns bei der Ausführung unseres gesetzlichen Auftrags. Die konkrete pädagogische Arbeit orientiert sich an den Grundsätzen und Prinzipien des Hessischen Bildungs- und Erziehungsplans: Bildung wird im Kinderdörfel "vom Kind her gedacht", an seiner Entwicklung orientiert. Wir fördern dabei von Anfang an Prozesse, in denen Kinder selbsttätig ihre soziale und dinglich-materielle Umwelt entdecken, erforschen und sich mit ihr auseinandersetzen. Wir nutzen dabei sensible Lernphasen der Kinder, in denen sie die Entwicklungsanreize optimal aufnehmen können.
Das Dach unserer pädagogischen Arbeit, die Konzeption, steht auf sechs Säulen, die in den folgenden Kapiteln näher ausgeführt werden:
- Die erste Säule ist das Leitbild der AWO: Unser Handeln ist den Zielen der Solidarität, Toleranz, Gleichheit, Freiheit und Gerechtigkeit verpflichtet.
- Die zweite Säule ist die Kindzentrierung: In unserer Pädagogik stehen die Kinder im Zentrum. Wir nehmen Bezug auf ihre einzigartige Persönlichkeit und begleiten ihre individuelle Entwicklung.
- Die dritte Säule ist der Situationsansatz: Wir gehen aus von der Lebenssituation der Kinder und ihrer Familien und machen den Alltag im Kinderdörfel zum Gegenstand von Lern- und Bildungsprozessen.
- Die vierte Säule ist die teiloffene Arbeitsform: Die Kinder haben ihre klare Zugehörigkeit zu Stammgruppen und erleben die Identität einer Gemeinschaft. Dieses Gruppenleben wird für die Kinder ergänzt durch die Möglichkeit, das ganze Haus mit seinen vielfältigen Räumen und Sozialbezügen zu nutzen sowie an gruppenübergreifenden Angeboten teilzunehmen.
- Die fünfte Säule ist die Verbindung von Kindergarten- und Familiengruppen in einer Einrichtung: Die beiden Angebotsformen bieten unterschiedliche Entwicklungsanreize für Kinder und sind den unterschiedlichen Bedürfnissen von Familien angepasst. Durch ihre Verbindung wollen wir die jeweiligen Vorteile für alle Kinder des Hauses nutzbar machen.
- Die sechste Säule ist die Familien- und Sozialraumorientierung: Das AWO-Kinderdörfel ist Teil des Gemeinwesens und eine wichtige Institution in einem sozialen Netzwerk, das die Bedürfnisse von Kindern, Eltern und Familien im Blick hat.
2. BILD VOM KIND
Wie wir Kinder sehen und verstehen - Kindzentrierung
Jeder Mensch ist einzigartig und etwas Besonderes. Er trägt seinen ganz eigenen Schatz mit sich. Kinder sind von Geburt an mit einer natürlichen Neugier, Wissensdurst und Entdeckungsfreude ausgestattet und streben danach, sich ihre Welt anzueignen. Wenn das Kind in unsere Einrichtung kommt, hat es bereits viele Erfahrungen mit der Welt gemacht. Welche Erfahrungen das sind, und wie es sie verarbeitet, ist geprägt von seiner Persönlichkeit, seinem Charakter und seiner Umwelt, dem Stück Welt, in dem es aufgewachsen ist. Seine Bezugspersonen, die Eltern, Geschwister und alle, die im Kontakt mit dem Kind stehen, spielen da eine wichtige Rolle.
Wir begegnen dem einzelnen Kind mit Achtung und Wertschätzung seiner individuellen Persönlichkeit, seiner Stärken und Fähigkeiten und arbeiten deshalb kindzentriert. Kindzentriert heißt für uns, die Kinder als das Zentrum unserer pädagogischen Arbeit zu verstehen. Sie stehen mit ihrer Einzigartigkeit und Besonderheit im Mittelpunkt. Wir respektieren ihre Eigenaktivität, ihren Rhythmus und ihr Tempo. Wir begleiten und unterstützen ihre Entwicklung individuell, wo es möglich und nötig ist. Dazu erhalten sie genügend Freiraum, um - ihrer Fähigkeiten entsprechend - selbstbewusste, emotional stabile, kompetente Menschen zu werden.
Wir nehmen die Kinder ernst in ihrem Tun und ihren Fragen. Dabei möchten wir das Kind "nicht von oben betrachten", sondern ihm auf Augenhöhe begegnen. Wir möchten eine vertrauensvolle Beziehung zu ihm aufbauen, die ein gemeinsames Leben und Lernen zulässt. Das Kinderdörfel ist ein Ort der Gemeinschaft, wo viele kleine und große Menschen einen großen Teil ihrer Zeit verbringen. Damit die "Großen" sich an gemeinsamen Leitgedanken orientieren, werden diese regelmäßig überprüft und reflektiert.
In unserer Pädagogik stehen die Kinder im Mittelpunkt!
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3. SITUATIONSANSATZ
Die dritte Säule unserer Arbeit, der Situationsansatz, wurde in den 70er Jahren vom Deutschen Jugendinstitut (DJI) entwickelt. Zuvor wurde der Kindergarten lediglich als eine Art Vorschule angesehen, in der die Kinder erste Erfahrungen mit schulischen Materialien sammeln konnten. Die Lerninhalte waren dabei in Teile aufgeschlüsselt vorgegeben.
Mit dem Situationsansatz legte das DJI eine ganzheitliche pädagogische Arbeitsform vor, die speziell für den Elementarbereich (Kinder bis zum Schuleintritt) konzipiert wurde. Der Situationsansatz nimmt dabei die Entwicklung und die Lebenssituation der Kinder und ihrer Familien zum Ausgangspunkt für die pädagogischen Inhalte der Kindertagesstätte. Die Kinder leben, lernen und entwickeln sich ganzheitlich im realen Alltag und nicht in künstlich herbeigeführten Situationen.
Die übergeordneten Ziele sind Selbstbestimmung, Solidarität, Sach- und Lernkompetenz. Entscheidend sind dabei die Erlebnisse und Erfahrungen, die die Kinder selbst im Umgang mit ihrer sozialen und materiellen Umwelt machen. Die Erzieherinnen setzen hierfür einen anregungsreichen Rahmen, unterstützen und begleiten die Kinder in ihrem Großwerden.
Die pädagogische Arbeit beruht auf vielfältigen Beobachtungen, die schriftlich festgehalten werden. Sie dienen den Erzieherinnen zum weiteren Dialog mit den Kindern, den Kolleginnen und den Eltern. Hier werden die Themen und Entwicklungsaufgaben der Kinder deutlich, die Grundlage für die weitere pädagogische Planung der Arbeit werden: bei Freispielimpulsen, offenen Angeboten und gruppenübergreifenden Werkstätten, in altershomogenen, altersübergreifenden oder Kleingruppen, von Themen in Morgenkreisen und Projekten. Die pädagogische Planung hat dabei keinen endgültigen Charakter, sondern wird in einem fortlaufenden Prozess ständig auf den aktuellen Stand gebracht.
Methoden aus dem Situationsansatz
Altershomogene Gruppen: An einem festen Zeitpunkt im Wochenverlauf treffen sich alle Kinder gleichen Alters zu gezielten Themen, zum Beispiel: Babyturnen, Vorschulgruppe, Angebote für Schulkinder, ...
Freispielimpuls: Anregung der Erzieherin, um das Spiel der Kinder neu zu beleben oder weiterzuentwickeln, zum Beispiel neues Material, Spielvorschläge, …
Gruppenaktivität: Aktionen in der Stammgruppe zum gemeinsamen Erleben des Gruppengefühls, zum Beispiel Morgenkreis in den Kindergartengruppen, Waldwoche, Ausflüge, Wochenendfreizeit, …
Gruppenübergreifendes Angebot: Kinder aus verschiedenen Stammgruppen nehmen an einer gemeinsamen Aktivität teil, wodurch neue Beziehungen, Freundschaften und der sozialen Vergleich mit anderen Kindern ermöglicht werden, zum Beispiel Fahrradgruppe, gruppenübergreifender Morgenkreis der Familiengruppen, Kinderkonferenz, Musikschule, …
Interessensgruppe: Einige Kinder (meistens Vorschul- oder Schulkinder) arbeiten zu einem bestimmten Thema oder an einer bestimmten Sache ein gewisse Zeit zusammen und werden bei der Umsetzung ihrer Ideen von einer Erzieherin unterstützt, zum Beispiel: Mädchentanzgruppe, Fotostory, …
Kleingruppenarbeit: Aktivitäten für Teile der Stammgruppen, zum Beispiel: Backen, Turnen, Vorlesen, ...
Offenes Angebot: Aktivität im Freispiel, zu der sich die Kinder nach Interesse zuordnen können, zum Beispiel: Mal- und Bastelaktivitäten, Bewegungsbaustelle, Gartenpflege, …
Projekt: Ein längerfristiges Vorhaben, das mehrere Kinder interessiert und gemeinsam mit Erzieherinnen in einem offenen Prozess fortlaufend entwickelt wird, zum Beispiel Länder der Welt, Wald und Stadt, Freunde, ...
Themen: Aktuelle Dinge oder Anlässe, die über einen begrenzten Zeitraum in der Stammgruppe bearbeitet werden, zum Beispiel: jahreszeitliche Anlässe, Geschehnisse in der Öffentlichkeit, ...
Werkstatt: Gruppenübergreifende Aktivität mit besonderem Material, teilweise altersspezifisch, die an einem zentralen Platz stattfindet, zum Beispiel Laternenwerkstatt, Holzwerkstatt für Schulkinder, Weihnachtsgeschenke-Werkstatt …
4. ENTWICKLUNGS- UND BILDUNGSPROZESSE BEGLEITEN
Unser Leitsatz zum Thema Bildung lautet: "Wir ermuntern die Kinder, sich selbst, die anderen und die Welt zu entdecken."
Kindergärten sollen betreuen, bilden und erziehen. Dabei kommt dem gesetzlichen Auftrag zur Bildung in unserer Einrichtung eine wachsende Bedeutung zu. Im Vordergrund vieler Bildungsbemühungen steht der Übergang vom Kindergarten in die Schule und damit die Vermittlung von Fähigkeiten, die einen guten Start in die Schule gewährleisten sollen. Bildung nach unserem Verständnis geht über diese Bemühungen weit hinaus.
In einer sich schnell wandelnden Welt ist es wichtig, den Kindern von heute nicht nur fertiges Wissen zu vermitteln, dessen Haltbarkeitsdatum womöglich schon bald wieder abläuft. Wir fördern und ermuntern Kinder, alltägliche Aufgaben aus eigener Kraft zu bewältigen, und stellen unsere Hilfestellung, den erforderlichen Raum und die Zeit für Übung und Experimente zur Verfügung.
Kinder setzen sich hauptsächlich spielend mir ihrer Welt auseinander und erwerben so grundlegende Fähigkeiten, die auf andere Erfahrungszusammenhänge übertragbar sind. Dabei sind sie von Neugier und einem großen Wissensdurst getrieben. Sie wollen entdecken, begeistert sein und den Dingen auf den Grund gehen. Gerade wenn die Kinder noch klein sind, lädt jede Situation des Alltags zum Experimentieren und Entdecken ein. Die Lerninhalte werden zunächst vom aktuellen Bedürfnis der Kinder und ihrer individuellen Lebenslage bestimmt. Kinder lernen immer und überall: Beim Händewaschen im Bad oder beim Hügel hinauf- und hinablaufen im Garten.
Wenn die Kinder größer werden, werden ihre Interessen spezifischer. Sie brauchen Erwachsene, die ihnen ermöglichen, ihren Forscherdrang gezielter zu verwirklichen und ihren Fragen nachzugehen. Die Kinder suchen nach zusätzlichem Material und anderen Möglichkeiten, um sich auszuprobieren. Sie wollen Feuer einfrieren und die Augen einer Schnecke untersuchen. Meist finden solche Experimente spontan im Gruppenraum statt. Im Kinderdörfel gibt es aber außerdem verschiedene Kreativbereiche und Experimentierecken, die die Kinder aller Gruppen nutzen können. Manche davon sind fest installiert (z.B. die Forscherecke im Flur oder das Atelier) und manche greifen das Interesse einer Kindergruppe für eine gewisse Zeit auf und verschwinden dann wieder.
Beim angeleiteten Forschen lernen die Kinder, genau zu beobachten, das Gesehene mit Worten zu beschreiben und durch das Sammeln von Beobachtungen Theorien zu entwickeln. Diese werden immer wieder überprüft und erweitert. Sie sind mit großem Eifer, voller Konzentration und mit viel Ernsthaftigkeit in ihrem Tun versunken und machen die wichtige Erfahrung, wie viel Spaß Lernen machen kann. Sie lernen, sorgsam zu arbeiten und auf ihr Werkzeug aufzupassen, sie lernen den Umgang mit Materialien kennen, denen sie im Alltag nicht begegnen würden und sie lernen, dass es toll ist, in einem Team zu arbeiten.
Experimente machen heißt aber nicht nur, naturwissenschaftliche Versuche durchzuführen. Kinder brauchen auch die Möglichkeit, soziale Erfahrungen in der Kindergartengruppe, ihrem ersten "Team", zu machen. Sie lernen dabei ihre Fähigkeiten kennen, dürfen sie in einem geschützten Rahmen ausbauen, lernen sich zu trauen, Rücksicht zu nehmen, abzustimmen und zusammenzuhalten … Kinder brauchen für ihre Bildung eben auch Kinder!
Basiskompetenzen
Kinder kommen bereits mit einer Vielzahl an Kompetenzen auf die Welt und gehen auf Entdeckungsreise: Sie lernen nach ihrem eigenen Lehrplan und entwickeln sich nach ihrem individuellen Tempo. Kinder sind für Erfahrungen offen, sie sind neugierig und wollen alles wissen. Der Hessische Bildungs- und Erziehungsplan versteht Kinder als autonome Persönlichkeiten, die ihre Bildungsprozesse aktiv mitgestalten.
Bildung wird aber auch als sozialer Prozess gesehen. Nur im Kontakt und im Austausch mit den Eltern, der Familie und irgendwann anderen Kindern und weiteren Bezugspersonen erweitern sie immer mehr ihr Wissen und ihr Weltbild, erfahren mehr und mehr über ihre eigenen Stärken, Fähig- und Möglichkeiten und über ihre soziale Umwelt. Um jedem Kind seinen individuellen Weg zu ermöglichen, sollen auch in der Kita die Basiskompetenzen gestärkt werden. Bei diesen handelt es sich um:
Individuumsbezogene Kompetenzen/Kompetenzen der eigenen Persönlichkeit
Zum Beispiel: Gefühle erkennen und äußern lernen, Selbstwert, psychische Stabilität, mit allen Sinnen wahrnehmen, sich bewegen und beweglich zu sein,
handelnd lernen, Sprache erwerben, sich als selbstbestimmt erleben, Neugier, Interesse ...
Kompetenzen zum Handeln im sozialen Kontext / soziale Kompetenzen
Zum Beispiel: Kommunikationsfähigkeit, soziale Beziehungen selbst gestalten und ausbauen, andere anerkennen und achten, Freundschaften, Verantwortung für sich und andere übernehmen, Konfliktlösungen finden, Kritikfähigkeit, Solidarität, Toleranz, sich beteiligen und mitbestimmen ..
Lernen und lernmethodische Kompetenzen/kognitive bzw. Sach-Kompetenzen
Zum Beispiel: Wissen sammeln, Kenntnisse gewinnen, Fertigkeiten üben, Zusammenhänge verstehen und übertragen, Kreativität, handelnd lernen, aktiv Menschen, Dinge, Umwelt erforschen, Herausforderungen annehmen, spielend die eigenen Fähigkeiten erweitern, das eigene Urteilsvermögen ausbauen, unterschiedliche Lösungen suchen
Kompetenter Umgang mit Veränderung und Belastung: Widerstandsfähigkeit (Resilienz)
Kinder, die diese Kompetenzen besitzen haben gute Voraussetzungen, glücklich und gesund durch ihr Leben zu gehen. Der Bildungsplan spricht davon, dass dies die Vorbedingungen dafür seien, dass sich die Kinder zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten entwickeln.
Bildungsbereiche aus dem Hessischen Bildungsplan
Schwerpunkte der Bildungs- und Erziehungsprozesse:
Der hessische Bildungs- und Erziehungsplan beschreibt weiterhin ineinander greifende Schwerpunkte, in denen die individuelle Entwicklung begleitet und die Kompetenzen des Kindes gestärkt werden sollen. Sie dienen allen Kindertagesstätten in Hessen als Orientierung.
- Die Stärken des Kindes stärken (Starke Kinder, Emotionalität und soziale Beziehungen, Gesundheit, Bewegung, Sport)
- Sich mit anderen austauschen und kompetent mit Sprache und Medien umgehen (Kommunikationsfreudige und medienkompetente Kinder, Sprache und Literacy, Medien)
- Neugierig sein, lernen, forschen und entdecken (Kinder als aktive Lerner, Forscher und Entdecker, Mathematik, Naturwissenschaften, Technik)
- Kreativ und phantasievoll sein (Kinder als kreative und phantasievolle Künstler, bildnerische und darstellende Kunst, Musik und Tanz)
- Verantwortung übernehmen, sich Werte aneignen (Verantwortungsvoll und wertorientiert handelnde Kinder, Religiosität und Werteorientierung, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur, Demokratie und Politik, Umwelt)
Ko-Konstruktion: Lernen in der Gemeinschaft
Bildung und Erziehung ist immer ein gemeinsamer Prozess, der von allen Personen aktiv mitgestaltet und beeinflusst wird, die daran beteiligt sind. "Durch die Ko-Konstruktion lernt das Kind, dass Ideen ausgetauscht, verwandelt und ausgeweitet werden können. Dadurch lernt es, dass die Welt auf viele Arten erklärt werden kann […]." (Bildung von Anfang an 2007, S. 90)
Kinder lernen am besten, wenn sie sich wohl und sicher fühlen. Jedem Bildungsprozess geht erst einmal eine stabile Beziehung voraus. Ko-Konstruktion meint, dass der Erwachsene, der den Bildungsprozess begleitet und moderiert, nicht alles steuert und vorbestimmt, sondern sich gemeinsam mit den Kindern auf die Suche nach Antworten macht. Durch dieses Selbstverständnis der Erzieherin haben die Kinder genügend Platz, eigene Theorien zu entwickeln und eigene Ideen zu verfolgen. Wichtig im Zusammenhang des Lernprozesses ist aber nicht nur die Interaktion des einzelnen Kindes mit dem Erwachsenen, sondern vor allem auch in der Kindergruppe. Kinder brauchen andere Kinder, um sich gut zu entwickeln. Sie machen in einer solchen "lernenden Gemeinschaft" viele wichtige soziale Erfahrungen. Der Einzelne tritt in den Dialog mit der Gruppe und eine Wechselwirkung entsteht. So können die Kinder unter Anderem lernen, dass der Eigensinn seine Grenzen dort hat, wo die Gruppe etwas demokratisch beschließt.
Ein solches kooperatives Lernen hat positiven Einfluss auf die Lernmotivation der Kinder. Es ist für das ganze Leben wichtig, als kleines Kind die Erfahrung zu machen, dass Lernen "etwas bringt". Der Mensch lernt am besten, wenn er aktiv mit einer Aufgabe beschäftigt ist, die seine körperlichen und geistigen Kräfte voll in Anspruch nehmen. Dann ist die gesamte Energie auf ein Ziel konzentriert. In solchen Momenten ist der Lernende hoch zufrieden.
Wer sich mit diesem neuen Verständnis von Lernen auseinandergesetzt hat, kann Kindern ermöglichen, optimal für ihre eigene Zukunft und die unserer Gesellschaft zu lernen. Daraus ergeben sich natürlich auch neue Anforderungen an die Erwachsenen. Die Erzieherin ist nicht die Lehrende, sondern die wertschätzende Begleiterin, die Rückversicherung in schwierigen Situationen, Impuls gebende und Mitlernende. Im hessischen Bildungs- und Erziehungsplan heißt es: "Pädagogische Bezugspersonen können mit Kindern Wissen ko-konstruieren, indem sie die Erforschung von Bedeutung stärker betonen als den Erwerb von Fakten. Für den Erwerb von Fakten müssen Kinder beobachten, zuhören und sich etwas merken. Die Erforschung von Bedeutung dagegen heißt, Bedeutungen zu entdecken, auszudrücken und mit anderen zu teilen ebenso wie die Ideen anderer anzuerkennen." (Bildung von Anfang an 2007, S. 89)
Beobachtung und Dokumentation
Die gezielte Beobachtung und Dokumentation der Bildungs- und Entwicklungsprozesse von Kindern bildet eine wesentliche Grundlage für die pädagogische Arbeit im Kinderdörfel. Sie basieren auf dem Verständnis, das Beobachten einen Zugang bereitstellt, um Kinder besser zu verstehen und sie bei der aktiven Aneignung von Wissen und Fähigkeiten zielgerichtet zu unterstützen.
Jedes Kind soll in seiner Einzigartigkeit wahrgenommen werden, um die Stärken, Interessen und die Entwicklung von Kindern zu fördern. Beim Beobachten stehen die Aktivitäten und Handlungen des jeweiligen Kindes im Vordergrund.
Die Beobachtungen werden aufgezeichnet und anschließend im Team diskutiert. Gemeinsam überlegen die ErzieherInnen, was als Nächstes getan werden sollte, wie die Lernumgebung beschaffen sein muss, um dem Kind ein Voranschreiten in seiner Entwicklung zu ermöglichen und welche individuelle Unterstützung bzw. Herausforderung das Kind braucht. Ebenso werden die Beobachtungen gegebenenfalls mit den Kindern selbst sowie mit den Eltern besprochen. Ziel ist es dabei, die Erfahrungen der Eltern sowie die Sicht der Kinder auf ihr eigenes Lernen einzubeziehen.
Gleich mit Eintritt ins Kinderdörfel wird für jedes Kind ein Portfolio (Ich-Ordner) angelegt. Gemeinsam mit den Kindern dokumentieren die ErzieherInnen in diesem Ordner regelmäßig die individuellen Entwicklungswege der Kinder, ihre Fähigkeiten und Neigungen, z. B. in Form von Lerngeschichten. Die in den Ich-Ordnern dokumentierten Beobachtungen bilden eine Grundlage für die regelmäßigen Entwicklungs-gespräche mit den Eltern und erleichtert die Zusammenarbeit mit externen Kooperationspartnern, z. B. der Schule und sozialpädagogischen Fachdiensten.
5. PARTIZIPATION - BETEILIGUNG VON KINDERN
Partizipation bedeutet Beteiligung und Mitsprache von Kindern. Wir möchten die Kinder im Kinderdörfel in möglichst viele sie betreffende Planungs-, Entscheidungs- und Gestaltungsprozesse mit einbeziehen und entsprechend ihrem Entwicklungsstand beteiligen.
Wir unterstützen die Kinder, sich ihrer Bedürfnisse und Interessen bewusst zu werden und sich darüber auszutauschen. Dabei machen sie die Erfahrung, dass es viele verschiedene Ansichten gibt. Sie erleben ihre eigene Wichtigkeit, dass ihre Gefühle und Meinungen ernst genommen werden, dass ihre Stärken und Schwächen angenommen werden. Die Herausforderung besteht jeden Tag aufs Neue darin, trotz dieser Unterschiedlichkeiten zu Einigungen zu kommen und Absprachen zu treffen. Jeder ist ein wichtiger Teil der Gemeinschaft, kann Einfluss nehmen und das Leben im Kinderdörfel mitgestalten. Partizipation findet bei uns auf verschiedenen Ebenen statt: das Kind, die Gruppe und das Haus betreffend.
Durch das Ernstnehmen der kindlichen Aussagen (verbal oder non-verbal) und Beschwerden erlebt das Kind seine Selbstwirksamkeit. Diese Erfahrung steigert das Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein.
Beschwerdeverfahren für Kinder
Im Zusammensein mit anderen erfahren die Kinder, dass viele unterschiedliche Meinungen zu Konflikten führen. Gemeinsam entwickeln wir Strategien zur Konfliktlösung. In ihrer Gruppe lernen die Kinder demokratische Grundprinzipien kennen, z.B. Abstimmen im Morgenkreis und Aushandeln im Freispiel.
Die gruppenübergreifende Beteiligungsform im Kinderdörfel ist die Kinderkonferenz. Diese besteht aus gewählten Gruppensprechern, die sich in regelmäßigen Abständen trifft. Hier werden Themen besprochen, die das ganze Haus betreffen. Die Gruppensprecher sammeln Vorschläge, tragen Informationen aus den Gruppen zusammen oder wieder in diese zurück. Beteiligung muss für Kinder immer nachvollziehbar sein. So kann eine Selbstverständlichkeit daraus werden, sich für etwas zu engagieren. Die Kinder lernen mehr und mehr, Verantwortung für sich selbst und für die Gemeinschaft zu übernehmen. Wir sorgen mit wechselnden Methoden dafür, dass Beteiligung spannend bleibt und Spaß macht.
6. FREISPIEL
Im Kinderdörfel wird die meiste Zeit frei gespielt. Wir sehen das Freispiel nicht als Überbrückung zwischen angeleiteten Lerneinheiten der Erzieherinnen an, sondern als das größte Lernfeld überhaupt. Das Spiel ist für Kinder die Ausdrucksmöglichkeit schlechthin. Im Spiel eignen sich Kinder die Welt an. Als Erwachsene trennen wir oft Arbeit und Spiel, aber Kinder arbeiten schwer, auch wenn es nur nach Spiel aussieht: Arbeit und Spiel sind keine Gegensätze!
Welche Fähigkeiten erwerben die Kinder während des Spiels?
Im Freispiel bestimmen die Kinder wann, wo und mit wem sie spielen möchten. Das fordert von dem Kind sehr viel Eigeninitiative. Es muss sich selbständig um einen Spielpartner und um eine Spielidee bemühen. Vielleicht sogar die Spielidee erst mit dem Partner abstimmen oder sich einen gemeinsamen Platz zum Spielen suchen. Dazu ist sehr viel Kommunikation nötig. Gerade Kinder, die im normalen Alltag Probleme mit der Sprache haben, sprechen im Spiel sehr viel. Hier können sie Erlebnisse verarbeiten und in Rollenspielen in andere Rollen schlüpfen. Zum Beispiel spielen ängstliche Kinder oft gefährliche Tiere, um sich in der Rolle des Mächtigen zu erleben, oder manche "Wilden" können im Spiel auch ihre fürsorglichen Seiten zeigen.
Wer Kinder während dem Spiel beobachtet, sieht, mit wie viel Motivation und Interesse sie bei der Sache sind. Kinder lieben es schöpferisch zu sein. Dabei steht meistens der Prozess im Vordergrund. Durch Versuch und Irrtum experimentieren sie auf ihre Weise mit der Welt und bilden sich so Vorstellungen darüber, wie die Welt funktioniert. Mit allen Sinnen nehmen sie ihre Umgebung wahr. Physikalische Gesetze werden so im Spiel nebenher dazu gelernt. Mit Kreativität und Phantasie erfinden sie immer wieder neue Fassetten des Spiels.
Natürlich ist nicht immer alles friedlich, wenn Kinder miteinander spielen. Oft tauschen Kinder lautstark Meinungen aus, um dem andern zu zeigen, wie ihrer Ansicht nach das Spiel weiter zu verlaufen hat. Auch wenn dies für uns Erwachsene nicht immer angenehm ist, lernen Kinder auch hier wieder eine ganze Menge. Nämlich, Problemlösungsverhalten, Kompromissfähigkeit, eingehen auf die Bedürfnisse des Anderen, verlieren und gewinnen können und Versöhnung. Einzelkinder haben hier ein gutes soziales Übungsfeld, um später in der Erwachsenwelt zu bestehen.
Wie wird das Freispiel im Kinderdörfel konkret umgesetzt?
Bei uns kann im ganzen Haus gespielt werden, wenn nicht gerade Gruppenaktionen geplant sind. Dazu finden die Kinder im Kinderdörfel ein gutes Materialangebot, das viel Aufforderungscharakter besitzt und so die Kinder zum Tun auffordert. Dabei achten wir darauf, Spielmaterialien von Zeit zu Zeit zu wechseln, um neue Akzente zu setzten.
In der Kernzeit gewährleisten wir die Aufsichtspflicht, indem die Bereiche Flur, Garten oder Turnraum und das Bistro von Kolleginnen betreut werden. Wir nennen dies Außendienste. Die Gruppen wechseln sich gegenseitig mit diesen Diensten in der Woche ab.
Im Kinderdörfel arbeiten wir nach dem teiloffenen Konzept. Das bedeutet, alle Kinder sind einer festen Stammgruppe mit ihrem Gruppenraum, ihren Erzieherinnen und ihren Kindern zugeordnet. Dort finden sie auch ihren Kleiderhaken mit Briefkasten und ihre Eigentumskiste. Darüber hinaus haben sie aber auch die Möglichkeit in der Freispielzeit im ganzen Haus zu spielen. Inwiefern die Kinder das Angebot nutzen, hängt von ihrer Persönlichkeit und von dem zunehmenden Alter ab. Die Vorteile des teiloffenen Konzeptes sind, dass die Gruppenräume spezieller gestaltet werden können, weil nicht jeder Gruppenraum alles bieten muss. Außerdem lernen die Kinder viele Erwachsene und Kinder kennen, mit denen sie tolle Dinge erleben können. Gemeinschaft wird also sowohl in der Stammgruppe, als auch in gruppenübergreifenden Zusammenkünften erlebbar.
Die Aufgabe der Erzieherinnen besteht im Freispiel darin, die Kinder in ihrem Spiel zu unterstützen und begleiten. Durch das aufmerksame Wahrnehmen der Kinder bekommen die Erzieherinnen wichtige Informationen für ihre Arbeit. Sie können sehen, welche Themen das Kind beschäftigt, wie es die Welt versteht, welche Gedankengänge es hegt, welche Lernstrategien es hat, mit wem es in Beziehung steht, wie das Kind mit Konflikten umgeht, wo es Hilfe braucht und wie die Sprachentwicklung verläuft. Diese Beobachtungen sind Grundlagen für die schriftliche Fixierung des Entwicklungsstandes und für Elterngespräche. Sie helfen der Erzieherin festzustellen, welche Unterstützung für die Entwicklung des einzelnen Kindes förderlich wäre. Zudem kann sie erkennen, was die Kinder im Moment interessiert und wo sie mit einem Angebot oder Projekt das Freispiel vertiefen kann. Auch die Raumgestaltung wird von den Beobachtungen beeinflusst. Sie geben Aufschluss darüber, wo die Kinder viel Zeit verbringen und welche Räume sie meiden, weil sie durch das Materialangebot uninteressant geworden sind. Die Qualität eines guten Freispiels hängt nämlich auch sehr entscheidend von unbestimmten, veränderbaren Materialien ab (zum Beispiel Kartons, Tücher), die von den Kindern kreativ genutzt werden können.
Manchmal finden während des Freispiels auch kleinere Angebote statt, zu denen die Kinder aller Gruppen herzlich willkommen sind. Das größte Angebot für Aktivitäten bietet sich im Alltag selbst. So wie viele Kinder lieber mit dem Kochtopf aus Mamas Küche hantieren, als mit dem kleinen Geschirr in ihrer Puppenküche, so lernen Kinder viel intensiver in „echten Situationen“. Damit meinen wir all das, was das Zusammenleben in einer Gruppe so mit sich bringt. Demokratie kann man gut erfahren, wenn es darum geht, spontan abzustimmen, welche CD gehört werden soll. Kompromisse aushandeln lernt man im Einigungsprozess in der Bauecke viel natürlicher, als in einer dafür aufbereiteten pädagogischen Einheit. Hierbei hat die Erzieherin die die Aufgabe, solche wertvollen Lernsituationen aufzuspüren und passende Prozesse anzuregen.
Auch vom Alltag selbst können Kinder viel lernen. Sie sind sehr an den Tätigkeiten der Erwachsenen interessiert und sprechen diesen Arbeiten eine besondere Bedeutung zu. Kinder wollen beteiligt sein. Sie wollen gemeinsam Tun und helfen, egal ob beim Abwasch, anderen hauswirtschaftlichen Tätigkeiten, beim Glühbirne wechseln, reparieren oder beim Einkauf. Alltagslernen hat im Kinderdörfel eine große Wichtigkeit.
7. SPRACHE
Wenn die Kinder bei uns in der Einrichtung aufgenommen werden, starten sie mit unterschiedlichen Sprachkenntnissen. Die Krippenkinder sprechen ihre ersten Ein-Wort-Sätze, die Kindergartenkinder können sich schon differenzierter ausdrücken und manch ein Kind mit Behinderung kann vielleicht noch nicht sprechen und verständigt sich stattdessen mit Lauten und Schreien.
Je mehr ein Kind sprechen kann, umso mehr kann es den anderen Menschen an seinen Gefühlen, Bedürfnissen und Gedanken teilhaben lassen. Sprechen steigert die Handlungskompetenz.
Der Spracherwerb ist ein Lernprozess, der von der aktiven Auseinandersetzung des Kindes mit seiner Umwelt getragen wird. Im handelnden Umgang mit Dingen und Personen, erfährt das Kind, welche Dinge zusammen gehören (Begriffsbildung) und welche Bedeutung diese Dinge in seinem Leben haben. Kinder lernen am besten ganzheitlich, anschaulich und handelnd. Das heißt, die Lerninhalte müssen in die Lebenssituation der Kinder eingebunden und mit aktuellen Interessen und Bedürfnissen verknüpft sein. Besonders jüngere Kinder lernen mit allen Sinnen. Sie tasten, sehen, hören, schmecken und riechen, um zu begreifen. Durch die Auseinandersetzung mit den Dingen verändern Kinder ihre Deutung, Annahme, Vorstellung von Dingen und lernen, ihre Position in der Welt zu finden. Um sprachliche Lernprozesse in Gang zu bringen, brauchen Kinder also eine soziale und dingliche Umwelt, die Anlässe zum sprachlichen Austausch bereithält.
Die Erzieherinnen versuchen das Kind im Alltag bei dem Spracherwerb zu unterstützen. Der erste Schritt ist dabei immer, eine Beziehung zu dem Kind aufzubauen, denn nur durch eine Vertrauensbeziehung teilt sich das Kind mit, und die Erzieherin hat nun die Möglichkeit als Ansprechpartnerin zur Verfügung zu stehen, um die Sprechfreude des Kindes zu unterstützen. Weiterhin gestaltet sie die Situation so, dass sie sprachliches Lernen erleichtern und Kinder ermutigen, sich mit den ihnen zur Verfügung stehenden sprachlich-kommunikativen Mitteln mitzuteilen. Wertschätzung und Anteilnahme sind dabei von zentraler Bedeutung. Im Kinderdörfel gibt es im Laufe des Tages viele Anlässe, die Kinder zum Sprechen anregen, z. B. Lieder, Fingerspiele, Reime, Tänze, Gruppengespräche, Vorlesen oder Tischspiele. Spielerisch lernen die Kinder so ihre Artikulation zu verbessern, den Wortschatz zu differenzieren, neue Begriffe in ihr Vokabular aufzunehmen und den Satzbau zu erweitern.
Zu aller erst lernen Kinder aber von Kindern, und das ist auch bei der Sprache so. Beim Rollenspiel in der Puppenecke, am Maltisch, in einer Höhle, im Sandkasten, bei einer Bewegungsbaustelle, auf dem Bauteppich und am Frühstückstisch. Überall sprechen Kinder mit Kindern. Auch aus diesem Grund ist ein Besuch in einer Einrichtung für ein Kind so wertvoll.
Nicht nur mehrsprachig aufwachsende Kinder, sondern auch Kinder mit deutscher Familiensprache verfügen bei ihrer Einschulung leider oft nicht über die notwendigen Fähigkeiten in Wortschatz, Grammatik und Sprachverständnis. Um ihre Ausgangsposition für das schulische Lernen zu verbessern, nehmen Kinder mit nicht altersgemäßem Sprachstand zwei Jahre vor der Einschulung viermal pro Woche an dem Programm "Deutsch für den Schulstart" teil. Vor Beginn des letzten Kindergartenjahres wird der Fortschritt in der Sprachentwicklung festgestellt. Danach beraten die Sprachförderkräfte der Kindertagesstätten gemeinsam mit einer Lehrkraft, welche Kinder weiterhin an dem Programm teilnehmen sollen, das dann im Vorlaufkurs der Schule unterrichtet wird.
8. SOZIOKULTURELLE VIELFALT
Der Kindergarten [...] bietet besonders gute Voraussetzungen fürs Lernen im weitesten Sinn. Hier werden Kinder aller Herkunft unter einem Dach versammelt, gesunde Kinder, Kinder mit Behinderungen – zumindest dem von uns geteilten Anspruch nach. Es gibt noch keine Leistungsmessung, keinen Druck durch Noten. Die Armut hat noch nicht die inneren Weichen gestellt. Und es gibt Zeit im Kindergarten, mehr Zeit als später in der Schule, Zeit für Beziehungen, für Irrtümer, für Experimente, für Wiederholungen. Donata Elschenbroich (In: Klein und groß, Heft 11 – 12/1998)
Im AWO-Kinderdörfel hat Vielfalt im täglichen Zusammensein eine besondere Bedeutung: im Hinblick auf die große Altersmischung, auf Kinder aus verschiedenen Kulturen und auf Kinder mit und ohne besonderen Unterstützungsbedarf. Diese Heterogenität bietet den Kindern große Chancen im Rahmen ihrer Persönlichkeitsentwicklung und stellt die Fachkräfte vor die Aufgabe, auf alle Kinder differenziert und individuell einzugehen.
Das AWO-Kinderdörfel ist eine der wenigen Einrichtungen, in der Krippen-, Kindergarten- und Schulkinder in kleinen Gruppen, den Familiengruppen, zusammen groß werden. Die gruppenübergreifende Konzeption ermöglicht zudem Sozialkontakte in der gesamten Einrichtung. Die Kinder haben eine große Auswahl unterschiedlicher Spielpartnerinnen und Spielpartner, die ihren Interessen und ihrer Entwicklung unabhängig vom Alter entsprechen. Die große Altersmischung ermöglicht soziales Lernen im umfassenden Sinn und bietet den Kindern die Chance auf ein erweitertes Spektrum sozialer und kognitiver Kompetenzen: Jüngere Kinder eifern den älteren nach und erhalten durch sie zusätzliche Anregungen und Anreize (Lernen am Modell). Die Großen üben sich in Rücksichtnahme, Hilfsbereitschaft und Toleranz. Sie erleben sich als Vorbild und vertiefen ihre eigenen Fähigkeiten, wenn sie den Kleinen etwas zeigen.
In Deutschland leben wir in einer multikulturellen Gesellschaft. Die verschiedenen Kulturen, unterschiedlichen Lebensarten und die Mehrsprachigkeit der Kinder erleben wir grundsätzlich als eine Bereicherung des Alltags. Wir respektieren die verschiedenen Grundrichtungen der Erziehung und Sitten der Familien. Zur Orientierung im vielgestaltigen Leben unserer Gesellschaft brauchen Kinder entsprechende soziale und kulturelle Kompetenzen, deren Erwerb wir durch gemeinsame Veranstaltungen, Lieder, Texte, Verse, Fingerspiele und Gebräuche unterstützen. Interkulturelle Erziehung wendet sich an alle Kinder, zugewanderte und einheimische, und zwar unabhängig von ihrer Nationalität, ihrer Herkunft, ihrer Kultur, Religion oder ihren Einstellungen. Sie fördert die eigene Identität der Kinder und bereitet sie gleichzeitig für das Leben in der multikulturellen Gesellschaft vor. Für Kinder aus zugewanderten Familien stellt das Erlernen von Deutsch als ihrer zweiten Sprache eine große Herausforderung, aber auch eine besondere Chance dar. Für uns ist es wichtig, diesen Kindern das Recht auf ihre Familiensprache zu erhalten und ihre kulturelle Identität zu bewahren. Parallel dazu fördern wir alle
Kinder im Umgang mit der deutschen Sprache als zentraler Verkehrssprache.
Inklusion bedeutet, Menschen willkommen zu heißen (Praxishandbuch Inklusion vor Ort). Nach diesem Grundsatz steht das AWO-Kinderdörfel auch den Kindern offen, die auf Grund einer Entwicklungsverzögerung oder einer (drohenden) Behinderung eine besondere Unterstützung benötigen. Im Rahmen des Anmeldeverfahrens erfahren wir von den Eltern, welche Hilfen ihr Kind braucht und beraten sie zu den verschiedenen Fördermöglichkeiten. Kinder mit (drohender) Behinderung haben einen Anspruch auf Eingliederungshilfe, die in Form einer Einzelintegration in eine kleinere Gruppe gewährt wird. Weiterhin stehen mehr Personalstunden zur Verfügung und die Erzieherinnen nehmen gezielt an Fortbildungen teil. So kann gewährleistet werden, dass allen Kindern die nötige Aufmerksamkeit zu Teil wird. Gerne beziehen wir neben der Familie auch die Frühförderstelle oder externe Therapeuten/innen in ein gemeinsames Helfersystem ein.
Die Kindertagesstätte hat hier keinen zusätzlichen therapeutischen, sondern einen pädagogischen Auftrag: Sie unterstützt die Entwicklung aller Kinder im sozialen Kontext der Kindergemeinschaft. Bei diesem natürlichen Zusammensein von Kindern mit und ohne Behinderung stehen nicht die Unterschiede im Vordergrund, sondern das gemeinsame Erleben im Alltag. Die Kinder der Gruppe erfahren einen respektvollen und verständnisvollen Umgang, bei dem sie lernen, sich auf andere einzustellen und auch einmal eine andere Sichtweise einzunehmen. Sie entwickeln gegenseitige Aufmerksamkeit und Achtung sowie Hilfsbereitschaft und Strategien, die ein gemeinsames Spiel ermöglichen. Unser Vorgehen orientiert sich dabei am Entwicklungsstand und den Interessen der Kinder selbst. Wir unterstützen ihre Stärken, damit sie Spaß am Lernen und Erfolgserlebnisse haben können. Wo es nötig ist, geben wir spezielle Anregungen, Impulse oder Hilfestellungen, um allen Kindern eine gute Entwicklung zu ermöglichen und ihre Teilnahme am Leben der Gemeinschaft zu unterstützen.
9. BEWEGUNG
Im Kinderdörfel gibt es viel Platz und viele Anlässe, sich zu bewegen. Dabei ist die Bewegungserziehung kein isolierter Bereich, sondern in einem einheitlichen Konzept mit dem Tagesablauf verbunden. Auch hier steht die Förderung des Interesses und der Eigenaktivität der Kinder an erster Stelle.
Warum ist Bewegung so wichtig? Wenn Kinder sich bewegen, erobern sie Schritt für Schritt ihre Umwelt. Dabei sammeln sie vielfältige Erfahrungen über sich selbst und ihren Körper. Die Kinder entwickeln dabei ihr Selbstbild und werden zunehmend selbständiger. Sie haben die Möglichkeit, neue soziale Kontakte zu anderen Kindern oder Erwachsenen zu schließen oder diese in einem anderen Zusammenhang zu erleben. Sich selbst und andere in der Bewegung zu erfahren, fördert die Entwicklung der Persönlichkeit. Durch Wahrnehmung und Bewegungssteuerung entstehen vielfältige wichtige Nervenverbindungen im Gehirn; viele Kinder brauchen Bewegung, um ihrem Drang nach fortlaufender Aktivität einen Raum zu geben. Bewegung fördert Kinder somit ganzheitlich: ihre motorische, aber auch die soziale, emotionale und kognitive Entwicklung.
Die meisten Bewegungsanlässe entstehen dabei im Alltag, im Garten, im Turnraum, aber auch im Flur oder in den Gruppenräumen. Durch die Bereitstellung vielfältiger Materialien wollen wir das Interesse der Kinder an der eigenen Bewegung fördern. Im Turnraum entstehen dabei oft ganze Bewegungslandschaften, deren Anordnung immer wieder verändert werden kann.
Der Schwerpunkt äußert sich auch darin, dass das Außengelände, oder bei schlechtem Wetter der Turnraum, mehrere Stunden am Tag von Fachkräften betreut werden (Am Vormittag 10.00 - 11.30 Uhr und von 12.00 - 13.00 Uhr, am Nachmittag von 14.00 – 16.00 Uhr). Sie beobachten die Kinder und geben ihnen Anreize und Impulse für vielfältige Bewegungsformen. Neben den Fahrzeugen und Spielgeräten laden viele verschiedene Spielbereiche und eine abwechslungsreiche Geländegestaltung die Kinder zum Buddeln und Bauen, Kriechen oder Klettern, Balancieren, Laufen, Rennen, Fahren und vielem mehr ein.
Zu bestimmten Zeiten finden geplante Angebote statt, wie das Babyturnen oder Bewegung für Schulkinder, Waldwochen im Kindergarten, Ausflugstage oder Turnraumzeiten der einzelnen Stammgruppen. Das Spiel der Kinder und die Freude an der Bewegung bleiben dabei immer im Vordergrund.
Bewegung findet nicht nur in Haus und Garten statt, sondern wir sind auch gerne unterwegs. Die Ausflüge der verschiedenen Radgruppen sind bei den Kindern genauso beliebt wie Schwimmbadbesuche oder die gemeinsamen Sportstunden mit der Turnabteilung des TSV, mit der wir seit langem kooperieren.
10. VORSCHULGRUPPE
Jeder Tag des Lebens bereitet ein Kind auf die Schule vor. Warum gibt es dann im Kinderdörfel eine Vorschulgruppe? Vorschüler/innen heben sich aus der Menge heraus. Sie sind reifer, genießen Privilegien, man traut ihnen mehr zu. Vorschulkinder fühlen sich wichtig und wollen dementsprechend behandelt werden.
Die Vorschule beginnt im Oktober und endet mit dem Schuleintritt. Einmal wöchentlich treffen sich alle Vorschulkinder der Kindergarten- sowie der Familiengruppen und bearbeiten über das komplette Vorschuljahr hinweg ein Thema, teils in der großen Gruppe, teils in Kleingruppen. Begleitet werden sie hierbei von einem festen Erzieherteam. Das Projektthema wechselt von Jahr zu Jahr. Es wird passend zur jeweiligen Kindergruppe gewählt. Beispiele aus den letzten Jahren: der Wald, die Kunst, die Tiere, Experimente zu den vier Elementen, unser Garten ...
In der Vorschule können die Kinder neue Beziehungen zu Gleichaltrigen knüpfen. Sie lernen in der großen Gruppe (Klassenstärke) zuzuhören, zu sprechen und zu arbeiten. Außerdem bietet das Vorschulprojekt die Möglichkeit, ein Thema zu vertiefen und zu erarbeiten. Jedes Jahr gibt es feste Bestandteile in der Vorschule, zum Beispiel die gemeinsame Übernachtung mit den Vorschulkindern, eine Abschiedsfeier mit den Eltern sowie ein Schulbesuch in der Nibelungenschule.
Das Vorschulangebot ist eingebettet in eine Gesamtkonzeption der partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit der Nibelungenschule (im so genannten Tandem), an der Erzieherinnen, Lehrerinnen und Eltern beteiligt sind. Dies beinhaltet unter anderem gemeinsame Elternabende, gegenseitige Besuche und den intensiven Austausch zwischen einzelnen Fachkräften, gemeinsame Angebote mit Schulkindern und nach dem ersten Schulhalbjahr die Rückschau über den Start der Kinder in der Schule.
11. ÜBERGANG ZUR GRUNDSCHULE
Im letzten Kindergartenjahr sind die Kinder hoch motiviert, bald vom Kinderdörfel in die Schule zu wechseln. Dennoch ist der Schuleintritt ein Übergang mit Unsicherheiten. Vielfältige Erfahrungen und Kompetenzen aus der Zeit im Kinderdörfel sorgen dafür, dass die Kinder ihrem nächsten Lebensabschnitt zuversichtlich entgegensehen. Eine enge Zusammenarbeit der Erzieher/innen, der Lehrkräfte und der Eltern in dieser Zeit trägt maßgeblich zu einer positiven Verarbeitung und zum guten Gelingen des Übergangs bei.
Aufgrund des Einzugsgebietes besteht seit 2003 eine intensive Kooperation zwishen Nibelungenschule und den folgenden vier Kindertagesstätten:
- AWO-Kindertagesstätte Kinderdörfel (incl. Waldkindergartengruppe)
- AWO-Kindertagesstätte Kirschenstraße
- Evangelische Kindertagesstätte Gänseblümchen
- Katholische Kindertagesstätte St. Michael
Ende 2007 fiel die Entscheidung, ein so genanntes Tandem nach dem hessischen Bildungs- und Erziehungsplan zu bilden. Die Leitungskräfte erarbeiteten unter anderem ein gemeinsames Konzept für das Übergangsjahr mit folgenden Stationen:
- Aufnahmetag: Schulanmeldung mit Sprachstandserhebung
- Erster Elterninformationsabend in der Nibelungenschule
- Austausch der Schulleitung und der Erzieher/innen über die Vorschulkinder
- Kennen lernen der Drachenbücherei
- Verkehrssicherheitstraining "Schulwegepass"
- Schulärztliche Untersuchung
- Vorlesen der Drittklässler/innen
- Zweiter Elterninformationsabend in der Nibelungenschule
- Kennenlerntag in der Nibelungenschule
- Hospitation im Unterricht einer ersten Klasse
- Austausch der Erstklasslehrkräfte und der Erzieher/innen über die Schulneulinge
12. WIE GEHEN WIR MIT REGELN UM ?
Regeln geben Menschen einen Handlungsrahmen. Sie bieten Sicherheit und Orientierung im Zusammenleben. Wichtig ist uns im Kinderdörfel die Balance zwischen der Selbstbestimmung bzw. dem experimentellen Lernen und den Grenzen der anderen sowie auch der Gemeinschaft zu halten. Daher gibt es allgemeine Lebensregeln wie z. B. die Regel "Keinem absichtlich weh tun" oder das Respektieren des Eigentums der Anderen.
Allgemeine Regeln gelten für alle und immer gleich. Daneben gibt es individuelle Regeln, die dem jeweiligen Entwicklungsstand des einzelnen Kindes angepasst sind, z. B. "Wer kann schon alleine in den Garten, Turnraum oder Theaterraum gehen?" Die individuellen Regeln werden bei Bedarf neu mit den Kindern diskutiert, verhandelt und verändert. Dabei handeln wir nach dem Motto: "So wenig Regeln wie möglich, so viele Regeln wie nötig!"
Manche Regeln, die für das Kinderdörfel gelten, werden auch in Konferenzen mit allen Kindern besprochen. Um Regeln sicht- und erkennbar zu machen, arbeiten wir teilweise auch mit Fotos, Stoppschildern, schriftlichen und bildlichen Regelwerken.
13. MORGENKREIS
Rituale geben Halt und helfen den Tag zu strukturieren. Der Morgenkreis ist im Kinderdörfel solch ein Ritual. Von 11.30 Uhr bis 12.00 Uhr treffen sich dort die Kinder mit ihren Erzieherinnen in der Stammgruppe. Die Anwesenheit ist verbindlich.
Uns ist es wichtig, dass die Kinder einmal am Tag zusammen kommen, um sich als Gruppe zu erleben und sich auszutauschen.
Inhalte der Morgenkreise können sein:
- Gespräche
- Kreisspiele
- Lieder
- Fingerspiele
- Geschichten
- Bücher
- Gespräche über das Tagesgeschehen
- Jahreszeitliche Inhalte
- Vorbereitete Elemente der Erzieherinnen
- Festvorbereitung
- Demokratische Abstimmungen
- Geburtstagsfeiern
- Projekterarbeitung
- Bewegungsangebote
14. ERNÄHRUNG
Hochwertige Ernährung hat im AWO-Kinderdörfel eine große Bedeutung. Das Essen wird nach Möglichkeit frisch zubereitet, ist am Angebot der Region und der Jahreszeit orientiert sowie abwechslungsreich und ausgewogen zusammengesetzt. Unser Speiseplan lehnt sich an die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung an. Abgesehen von besonderen Ausnahmen (Feste, Weihnachtsbäckerei) verzichten wir weit gehend auf Zucker. Gerne geben wir Eltern Tipps zu zuckerfreien Alternativen für die Geburtstagsfeier in der Gruppe. Im Hinblick auf die Kinder muslimischen Glaubens haben wir für Fleisch- und Wurstwaren besondere Regeln festgelegt.
Frühstück und Getränke werden von uns gestellt; die Kinder brauchen nichts von zu Hause mitbringen. Je nach Wochentag werden verschiedene Brotsorten, Wurst, Käse und Rohkost bzw. Müsli, Cornflakes, Obst, Nüsse, Joghurt oder Quark angeboten. Zum Trinken reichen wir Mineralwasser, Milch und Tee. Einmal pro Woche gibt es ein davon abweichendes, "besonderes" Frühstück. Die Kinder planen dabei mit und werden beim Einkauf und der Herstellung beteiligt.
Für die Kindergartenkinder ist im Rahmen eines offenen Frühstücks unser Bistro von 9.30 bis 11.00 Uhr geöffnet, das sie in kleinen Gruppen gemeinsam besuchen. In den Familiengruppen wird von 8.30 bis 9.30 Uhr ausgiebig zusammen gefrühstückt. Kleine und große Kinder erleben die gemeinsame Esskultur und lernen den richtigen Umgang mit Tellern und Besteck. Mindestens genauso wichtig wie die Nahrungsaufnahme an sich ist es, im Gespräch bei Tisch gemeinsam in einen neuen Tag zu starten.
Unser Mittagessen wird täglich von unserer Köchin frisch zubereitet, was wir als eine besondere Qualität unserer Einrichtung erachten. Gegen 12.30 Uhr essen die Kinder in den Familiengruppen und einer Kindergartengruppe. Am Nachmittag werden für den kleinen Hunger dann noch "Snacks" wie Obst oder Knäckebrot gereicht.
15. MEDIENPÄDAGOGIK
Kinder unserer Zeit kommen immer früher und häufiger mit Medien in Kontakt. Zudem öffnet sich der Markt mit "neuen Medien" mehr und mehr für Kinder. Somit gehören Medien aller Art und Medienerlebnisse unmittelbar in den Kinderalltag.
Aber was hat dies in einem Kindergarten zu suchen?
Die Kinder kommen mit ihrem Alltag und ihren Medienerlebnissen zu uns in die Einrichtung. Sie verarbeiten diese in Gesprächen, im Spiel, beim Malen usw., das bei uns stattfindet. Damit sind wir kein medienfreier Raum, zumal auch wir Medien bewusst einsetzen, wie Bilderbücher, Fotoapparat und Fotos, Dias, Computer, Zeitschriften und Zeitungen, Kassetten und CDs usw.
Unser Ziel ist es, die Kinder in ihrem Leben so zu begleiten und zu unterstützen, dass sie Medienkompetenz erlangen. Sie können ihre Medienerlebnisse kreativ in Begleitung der Erzieherinnen verarbeiten, aber auch neue Erfahrungen machen und so Bildungsprozesse in Gang setzen. Der Umgang mit Medien und auch deren Inhalt soll kritisch hinterfragt werden. Sie werden auf eine Welt vorbereitet, in der Medien überall gegenwärtig sind und mit denen man sich täglich auseinandersetzen muss.
Auf zwei große Bereiche möchten wir genauer eingehen:
Bilderbücher
Bilderbücher spielen im Alltag der Kinder im Kinderdörfel eine große Rolle, sei es allein, mit einer Erzieherin, mit anderen Kindern im Freispiel, aber auch gezielt in der großen Runde im Morgenkreis. Sie sind in fast jedem Raum zu finden, zudem besitzen wir eine eigene Kinderbibliothek, die jedem ständig zugänglich ist. Schon die Kleinsten lernen den Umgang mit Büchern kennen.
Es gibt zu beinahe jedem Thema und für die unterschiedlichsten Entwicklungsphasen Bilderbücher. Es gibt Sachbücher, Geschichten aus dem Kinderalltag, aber auch sehr phantasievolle und künstlerische Bücher. Daher fördern Bilderbücher nicht nur die visuelle Wahrnehmung und Beobachtung (Kinder "lesen" aus den Bildern), sondern auch den Umgang mit Sprache, Grundlagen zur späteren Lese- und Schreibkompetenz, Wortschatzerweiterung, Konzentration, Kreativität und Phantasie. Kinder erweitern ihr Sachwissen aus Büchern, aber auch ihre Persönlichkeits- und Sozialentwicklung wird durch Bücher positiv begleitet. In vielen Geschichten finden sich die Kinder wieder, fühlen sich verstanden und entdecken Mitgefühl für andere.
Das Vorlesen selbst geschieht oft in einer Atmosphäre der Geborgenheit, der Ruhe, was viele Kinder suchen und brauchen. Beliebt sind die häufig anzutreffenden Sofas, aber auch die Leseecke in der Kinderbibliothek.
Das Schöne am Bilderbuch ist, dass das Kind hier im Gegensatz zu vielen anderen Medien Zeit und Tempo mitbestimmen kann, das Bild bleibt stehen und kann beliebig lang und oft angeschaut werden.
Computer
Oft existieren unterschiedliche Kenntnisse und Erfahrungen mit Computern bei den Kindern. Dies versuchen wir etwas auszugleichen, um allen Kindern, Jungen und Mädchen, den Zugang zu erleichtern.
In unserem Computerraum können die Kinder, immer in Begleitung anderer und einer Erzieherin, erste Erfahrungen sammeln bzw. ihr Wissen erweitern oder an andere weitergeben. Dabei benutzen wir Mal- und Schreibprogramme und ausgesuchte Lern- und Spielsoftware. Die Kinder lernen einfache Grundkenntnisse, wie an- und ausschalten, aber auch spezifischere Anwendungen wie speichern, drucken und scannen. Sie können mit unterschiedlicher Software Wissen erweitern, Gelerntes aus der Schule festigen, aber auch der eigenen Kreativität z.B. beim Malprogramm freien Lauf lassen. Auch das logische Denken, die Abstraktionsfähigkeit und das Kombinieren werden durch bestimmte pädagogisch ausgewählte Software geschult.
Wichtig ist uns die (zeitlich begrenzte) gemeinsame Aktivität am Computer und nicht das Konsumieren.
16. WIR FEIERN FESTE
Kinder erleben Feste als Höhepunkte, etwas ganz Besonderes im Alltag.
Das allerwichtigste Fest für Kinder ist der eigene Geburtstag. An diesem Tag erfährt sich das Kind im Mittelpunkt, es wird von allen anderen – Eltern, Geschwistern, Verwandten, Freunden, Kindern aus dem Kindergarten, Erzieherinnen … – in besonderer Weise beachtet. Und diese Anerkennung ist – anders als zu anderen Anlässen, bei denen man geachtet und gelobt wird – nicht an eine Leistung gebunden. Darum stärkt die Feier des Geburtstages das gesunde Selbstwertgefühl. Da alle Menschen gleich wert sind, ist bei jedem Kind die Feier des Geburtstages gleichwertig. Für ein Kind ist es Merkmal der Gleichbehandlung, wenn die Geburtstagsfeiern gleich oder sehr ähnlich ablaufen.
Deshalb hat jede Gruppe ihre Rituale, ihre Besonderheiten, mit denen sie das Kind ehrt. Wenn diese Abläufe dem Kind bekannt sind, und das Kind weiß, wie in seiner Gruppe Geburtstag gefeiert wird, kann es sich innerlich darauf einrichten.
Aber wir feiern nicht nur Geburtstage, es gibt viele Anlässe ein Fest zu feiern. Wir orientieren uns am Jahreskalender und seinen Festen, wie z. B.:
- Sankt Martin
- Nikolaus
- Weihnachten
- Fasching
- Ostern
- Vorschulkinderabschiedsfest
- Jahresfest (dieses Fest hat keinen bestimmtem Termin, somit kann es zu jeder Jahreszeit stattfinden, z. B. als Herbstfest, Weihnachtsmarkt, Osterbazar, Sommerfest).
Manchmal z. B. wenn ein Projekt abgeschlossen ist, kann auch gruppenintern gefeiert werden.
Uns ist es wichtig, dass die Kinder an den Vorbereitungen und an den Veranstaltungen beteiligt sind. So entsteht eine gewisse Vorfreude und Spannung zum Fest. Die Entwicklung von Gemeinschaftsgefühl und auch das Üben von Demokratie spielt dabei eine wichtige Rolle.
Auch bieten diese Gelegenheiten den Eltern die Möglichkeit, einen Einblick in unsere Einrichtung zu bekommen. Wir freuen uns, wenn Eltern aktiv teilnehmen.
17. MIT KONFLIKTEN UMGEHEN
Wo viele Menschen unterschiedlichen Alters aufeinander treffen, kommt es im Alltag zu Konflikten. Das ist auch im Kinderdörfel nicht anders. Konflikte entstehen, wenn unterschiedliche Meinungen, Wahrnehmungen oder Interessen aufeinander treffen, die mit Gefühlen verbunden sind. Kommt es dann letztendlich zu einer Auseinandersetzung, fällt es Kindern häufig schwer, eine Lösung für eine solche Konfliktsituation zu finden; womöglich noch eine Lösung, mit der alle einverstanden sind. Streitkultur zu vermitteln ist also eine wichtige Aufgabe der Kindertagesstätte.
In einem Konflikt lernen Kinder, eine eigene Meinung zu finden und sie zu vertreten. Sie erkennen dabei auch, dass es neben ihrer auch andere Auffassungen geben kann, die vielleicht anders, aber dadurch nicht zwangsläufig falsch sind. Ebenso lernen sie, wie gewaltfrei - also hauptsächlich mit Sprache - Lösungen für Konflikte gefunden werden können. Solche Lösungen können ganz einfach sein: Man kann abstimmen, Kompromisse aushandeln, vorgeschlagene Dinge nacheinander tun … Ein solcher Lernprozess wird von uns Erzieherinnen aufmerksam beobachtet und begleitet. Viele Kinder kommen mit einem Konflikt und der sich daraus ergebenden Situation ganz gut alleine klar. Die beteiligten Kinder finden eine Lösung, die alle fair finden.
Andere Kindergruppen können einen Streit nicht allein bewältigen. Nun ist es Aufgabe der Erzieherin zu moderieren. Sie wird die Kinder fragen, was passiert ist und wie sich jeder fühlt, was nun geschehen kann, damit jeder mit dem Ergebnis zufrieden ist. In den meisten Fällen geben wir keine fertige Lösung vor, sondern unterstützen die Kinder dabei, ihren Weg zu finden. Die Art unserer Hilfestellung ist natürlich auch vom Alter und dem Entwicklungsstand der Kinder abhängig. Hat die Gruppe eine Entscheidung getroffen, kann die Erzieherin die Umsetzung begleiten und mit den betroffenen Kindern hinterher reflektieren.
Manchmal halten Rivalitäten und Streitigkeiten zwischen einzelnen Kindern über eine längere Zeit an oder kehren immer wieder. Dann ist der Konflikt zweier oder mehrerer Kinder auch schon mal ein Fall für die Morgenkreisbesprechung. So profitieren die Streitenden von den Ideen der anderen oder sie können durch Rollenspiele alternatives Verhalten einüben. Es kommt auch vor, das die gesamte Gruppe von anhaltenden Auseinandersetzungen betroffen ist; sei es durch Solidaritäten, die Fronten bilden oder
aber, weil ein solcher Dauerstreit Einfluss auf das Gruppenklima hat.
Wir wählen in solchen Fällen gerne ein zur Gruppensituation passendes Projektthema aus, zum Beispiel "Freunde". Über längere Zeit wird so an dem Thema auf ganz verschiedene Art und mit unterschiedlichen Methoden gearbeitet: Kognitiv, motorisch, künstlerisch-kreativ usw. Dabei erwerben die Kinder ganz nebenbei Schlüsselqualifikationen, die für ihr ganzes Leben in der Gemeinschaft unerlässlich sind.
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